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BLOG 7

Oktober 2022

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Es liegt alles 

im Auge des Betrachters

Das Auge ist eines der Organe, welches die Fähigkeit besitzt, Informationen über die Umwelt an das Gehirn zu senden. Für Pferde ein wichtiges Organ, vielleicht sogar das wichtigste, hilft es ihnen vor allem in der freien Wildbahn über Wohl oder Übel zu entscheiden.

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Im Vergleich zum Menschen, welcher 18 Bilder pro Sekunde sieht, bringt es das Pferd auf 25.

Jedoch sehen die Pferde nicht alle gleich gut. Laut einer britischen Studie sind Augenprobleme bei Pferden ab einem Alter von +/- 15 weit verbreitet. Fast 90 % der 300 in der Studie untersuchten Pferde sind leicht bis schwer mit Augenproblemen aufgefallen. Erstaunlich ist hierbei der nächste Wert, denn nur 3,3 % der Besitzer dieser Pferde, waren sich hierüber bewusst.

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Schaut man sich die Normwerte des „scharfen Sehens“ an, so schneiden Pferde etwas schlechter ab als der Mensch. Der Wert, welcher hier zugrunde liegt, ist die Winkelminute. Je niedriger dieser Wert ist, desto höher ist die Sehschärfe.

  • Pferd: 1,1-1,2
  • Mensch: 1,0
  • Greifvogel: 0,4
  • Katze: 5

Wahrscheinlich hervorgerufen durch ihr binokulares Sichtfeld vor ihren Augen und dem monokularen Sichtfeld an den Seiten, haben Pferde Schwierigkeiten mit der Unterscheidung von Formen und Größen. Das räumliche, binokulare Wahrnehmen findet ausschließlich in dem Bereich vor ihrem Kopf statt. Je enger die Augen stehen, desto größer ist der Bereich des 3D Sehens.

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Ein Forscherteam aus Japan kam zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass der Größenunterschied zweier Objekte mindestens 14 % betragen muss, damit dieser vom Pferd als solcher erkannt wurde.

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Erwartungsgemäß blinzeln Pferde weniger häufig, nämlich nur 10 Mal pro Minute, wenn man sie mit einem Gegenstand konfrontiert, den sie grundsätzlich als bedrohlich empfinden. Herrscht Friede, Freude, Eierkuchen, blinzeln Pferde rund 38 Mal pro Minute.

Ganz schön viele Informationen, bei denen es nun sehr schwierig ist festzumachen, wann ein Pferd eine normale Reaktion zeigt und wann eine Reaktion auffällig ist.

Gemeint sind hier z.B. Pferde, die das Überschreiten eines weißen Strichs (Fahrbahnmarkierung) völlig problemlos absolvieren, während andere nur mit langem Training dazu zu bewegen sind. Aus menschlicher Sicht sind die Pferde abnormal, welche sich weigern. Doch ist dies nun das natürliche Verhalten aufgrund des Sichtfeldes oder tatsächlich ein Verhalten aufgrund von einer Problematik im Bereich sehen?

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Gleich verhält es sich bei der Frage rund um das Einsteigen in einen Pferdeanhänger. Was direkt vor ihm bzw. unter seinem Kopf ist, sieht ein Pferd nicht. Größenunterschiede nimmt es erst ab einem Unterschied von mind. 14 % wahr und alles, was rechts und links neben dem Anhänger ist (abhängig von der Entfernung des Pferdes zum Hänger), ist 2 Dimensional. Hinzu kommt, dass es ein absolut unnatürliches Verhalten für ein Pferd ist, in solch eine enge Kiste zu steigen. Bedenkt man, dass das Überleben eines Pferdes in der Natur davon abhängt, wie weit es seine Umgebung optisch abklären kann und wie schnell es flüchten kann, ist der Pferdeanhänger hier der denkbar ungünstigste Platz. Vor diesem Hintergrund ist die Frage durchaus berechtigt, welches Pferd nun eher seinem normalen Verhalten folgt, wenn es noch nie einen Hänger bestiegen hat. Das, was deutlich sagt: „Da kannst Du gerne alleine reingehen, ich warte dann hier draußen auf Dich!“ oder jenes, welches anstandslos dort hinein schreitet. Wohl gemerkt, es geht hier um die Frage der normalen Reaktion und nicht darum, was uns Menschen am liebsten ist.

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Und um ein letztes Beispiel zu bemühen, betrachten wir einmal den Fall der Pferde genauer, die plötzlich im Gelände den Kopf hochreißen und dann völlig hektisch werden. Sieht ein Pferd mit einem voll funktionsfähigem 3D Sichtfeld vor ihm etwas in der Ferne, so muss es den Kopf heben, um dieses etwas in den 3D-Bereich zu bekommen. Denn das scharfe 3D Bild ist Richtung Himmel ebenfalls begrenzt. Und wenn ein Pferd den Kopf in entspannter Haltung beim Ausritt vor sich trägt, ist sein binokulares Sichtfeld vor sich auf den Boden gerichtet.

Was im Übrigen auch ein großes Problem darstellt, wenn ich das Pferd in einer Halle ausgebunden longiere. Wer kennt nicht die Pferde, die mit nach oben gerollten Augäpfeln versuchen zu erkennen, wo die Wand ist? Sie können sich nämlich aufgrund dieser Zwangshaltung nicht mehr orientieren.

Zurück zu unserem Pferd, welches plötzlich den Kopf hochreißt, um besser erkennen zu können, was sich da vor ihm befindet. Und hin zu dem Reiter, der vielleicht ob dieser hektischen Bewegung einen Schreck bekommt und die Beine ans Pferd klammert und sich am Zügel festhält. In dem Fall würde ich, wäre ich ein Pferd, vielleicht auch das Weite in entgegengesetzter Richtung suchen, denn eine vertrauensbildende Einwirkung wäre das in meinen Augen eher nicht. Und hier wieder die Frage: Welches Pferd ist das, gewertet an der Augengesundheit, normalere? Das brave Kinderpferd, Anfänger geeignet, was sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Oder eher das aufmerksame Pferd, was gerne mitbekommen möchte, was um es herum so los ist?

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Man kann bei Weitem, ohne technische Hilfsmittel und Veterinär, nicht allen Problemen auf den Grund gehen. Wenn man jedoch den Aufbau und die Versorgung des Auges kennt (Nerval, Vaskulär) und sich mit der Physiologie des Schädels auskennt, kann man hier sehr, sehr viel herausfinden.

Warum man das wissen muss, wenn man Sättel verkauft? Wer kennt ein oder mehrere, meistens Jungpferde, welche beim Auflegen eines Sattels oder beim Aufsitzen völlig in Panik geraten und auch nicht davor Halt machen, Leute umzulaufen oder in Gegenstände zu springen? Wie dieses Verhalten zusammenhängt mit einem plötzlich auftretenden Problem der Wahrnehmung der Pferde, worin dies begründet liegt und wie man darauf schließen kann, lernen unsere Medizinischen Satteltechniker während ihrer Ausbildung.

Darüber hinaus liegt alles im Blickwinkel des Betrachters.

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Autor: Biggi Küpper, Leiterin IMS

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